Bei meinem letzten Beitrag über Zeit und Dauer habe ich einen wesentlichen Punkt vergessen. Ich habe das Vergessen vergessen. Nachdem der Beitrag schon fertig und abgeschickt war, ist mir gedämmert, dass einem die vergangenen Jahre und Jahrzehnte natürlich auch deshalb von so kurzer Dauer erscheinen, weil man so unglaublich viel vergessen hat, was die Zeit im Rückblick erheblich schrumpfen lässt.
Ich will über das Vergessen als solches jetzt gar nichts weiter sagen, aber doch etwas über meinen Umgang damit, als mir plötzlich klar wurde, dass ich einen Fehler gemacht habe, dass mir dieser wesentlichen Umstand beim Schreiben einfach nicht in den Sinn kam.
Ich habe einen Fehler gemacht – und den nächsten Satz müssen Sie sich als lauten Entsetzens- Schrei vorstellen:
Ich bin nicht perfekt!
So viel habe ich in den Büchern, die ich gemeinsam mit Ulrich gemacht habe, über den Perfekt-Antreiber geschrieben. Ich bin mit dem sozusagen per Du. Ich weiß genau, was es mit dem und den anderen Antreibern auf sich hat und ich gab, gemeinsam mit Ulrich versteht sich, die hilfreichsten praktischen Anregungen, die man sich nur vorstellen kann, wie man seine Antreiber im Zaum hält. Normalerweise denke ich überhaupt nicht darüber nach, dass ich Antreiber habe und welche das sind. Normalerweise, welch ein Irrtum, fühle ich mich entspannt und Antreiber-frei.
Und dann mache ich einen Fehler – bei etwas, das mir wirklich am Herzen liegt, und ich stelle sofort in Frage, ob ich kompetent bin, für das, was ich da tue. Es war ein so kleiner Fehler, echt nicht der Rede wert, niemand ist gestorben, niemand hat sich ein Bein gebrochen, kein Zug ist entgleist, keine Familie in den Untergang geschlittert, trotzdem hat es mich beschäftigt. Über Gebühr beschäftigt, denke ich. Da ging mir auf, was das größte Problem der Frauen ist:
Das größte Problem der Frauen ist zu glauben, sie seien nicht gut genug!
Ich will gar nicht sagen, dass es nicht auch viele Männer gibt, die von Selbstzweifeln geplagt werden, natürlich gibt es die, fragen Sie den Coach Ihres Vertrauens. Aber bei Frauen scheint es sozusagen zur Grundausstattung zu gehören. Ein Mann, dessen Namen und auch alles andere über ihn ich vergessen habe, ist mir mit einer Aussage im Gedächtnis haften geblieben. Er sagte, er wisse genau, was Frauen wollen: „Frauen wollen mehr!“ Vielleicht hat er schlechte Erfahrungen gemacht.
Die Sache ist nämlich die:
Frauen wollen hauptsächlich mehr von sich selbst.
Keine neue Erkenntnis! Aber, dass man immer wieder in diese Falle läuft, selbst wenn man sie kennt, woran liegt das? An den gesellschaftlichen Erwartungen? Unserer genetischen Ausstattung? Womöglich einem genetischen Defekt? An einem tradierten Rollenverständnis? An der Erziehung? Aber nun nehmen Sie mich: Aufgewachsen mit einem Vater, der immer betont hat, es gebe nichts, was eine Frau nicht könne. Der mir immer gepredigt hat, am besten nicht zu heiraten und schon gar keine Kinder zu kriegen, sondern Karriere zu machen. Aber was war das Ende vom Lied? Mit achtzehn habe ich geheiratet und mit siebenundzwanzig hatte ich drei Kinder, Karriere war weit und breit keine in Sicht. Und jetzt sitze ich da und gräme mich, weil ich nicht perfekt bin…
Kann man etwas dagegen tun?
Fragen über Fragen… Die Antwort lautet ja! ich stehe jetzt dazu. In diesem Zusammenhang und aus gegebenem Anlass also eine Warnung: Erwarten Sie keine Perfektion von mir – ich glaube, ich schaffe es einfach nicht. Selbstverständlich werde ich mich ständig bemühen, Ihnen das Beste zu bieten, was ich im Angebot habe. Mich ansonsten aber an das wunderbare Zitat des Video-Künstlers Nam June Paik halten: „Not too perfect, sonst der liebe Gott böse!“ Wenigstens das haben wir doch vermieden.
Dazu kann ich garnichts sagen, da ich keinerlei Problem verspüre. Ich bin nicht perfekt, was heisst das schon? Ich bin so wie ich bin und ich mag mich so. Was Andere über mich denken, ist mir sehr egal. Ich liebe meine Arbeit, welche meine Fantasie braucht und davon habe ich reichlich. Über das Alter denke ich nicht nach, habe das verdammte Glück gesund zu sein, so idt das Alter tatsächlich, wie man so manchmal hört, nur eine Zahl.
Zuviel über das Alter nachzudenken, halte ich für überflüssig, da gibt es wichtigere Dinge, auch Schönere und Interessantere.
Tatsächlich ist Gesundheit und fie Freude am Leben ein großes Geschenk, das man behüten soll.