April, April

April, April

April, April 1371 668

Wie alle anderen erlebe auch ich gerade Aprilwetter im Gefühlshaushalt. Schlechte-Laune-Hagel und Wut-Sturm werden abgelöst von Optimismus-Wölkchen und Durchhalte-Sonnenschein, auf die dann wieder eisige Fassungslosigkeits-Böen folgen, bis sich schwach und zartrosig wieder ein Hoffnungsschimmer Bahn bricht. Da hilft eigentlich nur Erleuchtung. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Ehrlich gestanden geht es mir auch weniger um meine eigene Erleuchtung – ich bin mit meinem Erleuchtungs-Status soweit ganz zufrieden, danke der Nachfrage, in meinem Alter greift man nicht mehr nach den Sternen – als vielmehr um die unserer diversen Autoritäten. Bundesregierung, Länderregierung, Behörden, diverse Experten und wer da gerade noch alles mitredet im Bestreben, uns so weit zu verwirren, dass wir gar nicht mehr wissen, was wir tun und lassen sollen.

 

So ein bisschen Erleuchtung wäre denen vielleicht ganz hilfreich, lasset uns also beten.

 

Nun sind die, die bisher hauptamtlich fürs Beten zuständig waren, gerade ziemlich damit ausgelastet, für ihr eigenes Überleben zu beten. Beten hat zum Glück eigentlich noch nie wirklich geholfen, also kann man hoffen, dass es sich auch in diesem Fall als nutzlos erweist. Man kann ja glauben, was man will, und wem es dem eigenen Seelenheil förderlich scheint, an einen Gott zu glauben, der unbedingt ein Menschenopfer brauchte, um sich fürderhin als gütiger Vater für all die Menschenkinder zu erweisen, die einem merkwürdigen Ritual unterzogen worden waren, dem sei das unbenommen. Aber warum sich dazu einer kriminellen Vereinigung anschließen? 

Wobei ich nicht unter den Tisch fallen lassen will, dass ich der katholischen Kirche für ihre in der Vergangenheit geleisteten Verdienste um Kunst und Architektur wirklich sehr dankbar bin. Ich bin die erste, die in jeder neuen Stadt die sakralen Bauten bewundert und mit aufrichtiger Freude betritt. Aber ich bewundere auch die Schlösser und die unendlich vielen Kunstwerke, die für die schmarotzende Aristokratie und für prassende Monarchen geschaffen wurden und will sie trotzdem nicht zurück. 

 

Also ist es in meinen Augen langsam Zeit, mit einer gewaltigen Maschine Schluss zu machen, die ungefähr so zeitgemäß ist wie eine Kutsche auf der Autobahn, aber so viel Geld kostet wie eine Airbus-Flotte. 

 

Grund genug, mit einer Institution Schluss zu machen, die Kriminelle schützt, scheinheiliges Verhalten sanktioniert und Dogmen vertritt, die man nur als menschenverachtend, hinterwäldlerisch, absurd und aus der Zeit gefallen bezeichnen kann. Bei der Gelegenheit: Sollten theologisch beschlagene Menschen unter uns sein, bitte ich doch mal um Aufklärung. Es gibt einen Punkt, der mich schon immer irritiert hat. Frauen werden in der katholischen Kirche mit ausgeprägtem Misstrauen beäugt, um es mal freundlich zu formulieren, sie sind die schamlosen Verführerinnen und das Unglück des rechtschaffenen Mannes. Wie kommt das, wo doch selbst den Machern des Alten Testaments ganz offenbar klar war, dass es die Kerle sind, die besonderes Augenmerk verdienen? In den Zehn Geboten ist jedenfalls nur zu lesen von „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib“ aber nichts darüber „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Mann“. Wenn wir mit derselben Spitzfindigkeit ausgestattet wären wie so manche „Kirchenväter“, Ladies, das könnte man eigentlich glatt als Freibrief auffassen – aber dann wäre vielleicht was los…

Eine ganz besonders abstruse, geradezu makabre Variante der Gläubigkeit ist mir kürzlich in dem absolut empfehlenswerten Dokumentarfilm „Der Maulwurf – Undercover in Nordkorea“, den es noch in der ZDF-Mediathek zu sehen gibt, untergekommen. Da wurde mit offiziellen Regierungsvertretern eines afrikanischen Staates, ich glaube, es war Uganda, lege dafür aber nicht die Hand ins Feuer, darüber verhandelt, dass Nordkorea eine unterirdische Fabrik zur Waffen- und Drogenherstellung bauen sollte. Auf dem Grund und Boden, der dafür vorgesehen war, lebten Tausende von Familien, die dafür mir nichts, dir nichts „umgesiedelt“, sprich verjagt, werden sollten- und zwar, wie die Herren treuherzig versicherten, innerhalb kürzester Zeit. Die Regierungsvertreter, die für den Abschluss des Handels und die vielen Dollars in ihren Taschen ganz fraglos auch noch ihre Großmutter verkauft hätten, erhoben sich nach Abschluss der Verhandlung und sprachen: „Lasst uns beten und Gott bitten um ein glückliches und erfolgreiches Geschäft.“ Noch selten hat mich in letzter Zeit Frömmigkeit mehr beeindruckt. Naja, obwohl – der Kölner Bischof ist auch nicht schlecht…Und der Papst kann eigentlich auch von Glück sagen, dass es überhaupt noch homosexuelle Menschen gibt, die sich zu seiner Konfession bekennen. Aber vielleicht will er das gar nicht?

Bibelfest, wie ich Heidenkind bin, möchte ich noch ein Wort anfügen: Ein jegliches hat seine Zeit – und ich bin der festen Überzeugung, die Zeit dieser Institution ist ein für alle Mal vorbei. Dabei ist gegen das wahrhaft christliche Denken überhaupt nichts einzuwenden – aber brauchen wir tatsächlich Zeus und seine gesamte göttliche Sippschaft, um uns noch immer mit griechischer Philosophie und den daraus ableitbaren Haltungs- und Verhaltensgrundsätzen auseinanderzusetzen? Müssen wir den olympischen Göttern in Tempeln Opfer bringen, um über Sokrates, Platon, Aristoteles et alii zu sprechen und uns eventuell nach ihren Maximen zu richten?

Ich bin auch überzeugt davon, dass es für eine Gesellschaft sehr förderlich ist, wenn es in ihr Gemeinschaftssinn gibt und dass dieser Gemeinschaftssinn bei uns leider immer mehr abhandenkommt – aber die Kirche, die diesem Zweck jahrhundertelang diente, die gibt es schon lange nicht mehr. Sie bräuchte dazu eine Erneuerung, zu der sie nicht fähig zu sein scheint. Und ich bin mit auch gar nicht sicher, ob das überhaupt wünschenswert wäre. Vielleicht brauchen wir etwas ganz anderes als ausgerechnet Religion, um eine gerechte Welt für alle Menschen zu schaffen. Religion fördert bis heute in Menschen so bedauerlich die Tendenz, sich wegen ihr die Köpfe einzuschlagen. Eine neue zu gründen wäre also ein sehr schlechter April-Scherz…

Bild von Gerald Friedrich auf Pixabay 
Ein Kommentar
  • Liebe Renate, nun ist der April-Artikel nicht mehr ganz druckfrisch, aber ich möchte trotzdem noch sagen: Da gibt es nichts mehr dazu zu sagen. Es ist alles schon gesagt. Gratuliere zu Deiner gradlinigen Haltung. Du hast sooooo recht!