I believe I spider

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I believe I spider 846 605

Alte Schachteln müssen, um noch irgendwie mithalten zu können, Hüfte sein. Hüfte sein bedeutet drinnen zu sein, es ist nämlich ziemlich kühl. Sie verstehen mich nicht? Da mangelt es Ihnen womöglich an literacy? 

Als ich old box mitgekriegt habe, dass es nicht mehr „Bildung“ heißt, sondern  „literacy“, my headstring was on the point of ripping. Nearly was it so far! Ja, ich war sogar nahe daran, meine Fersen zu nehmen, if you get my meaning oder, wie der Mannheimer sagt: weschwieischmään. 

Unterstehen Sie mich nicht Fräulein – ich habe echt nichts gegen Fremdsprachen. Jahrelang habe ich ausschließlich englische Bücher gelesen, in letzter Zeit sind es mehr französische, aber ich bin nach wie vor ein großer Liebhaber englischer Literatur und Sprache. Aber das nun alles einen englischen Begriff aufgedrückt kriegt, das finde ich einigermaßen albern. Warum muss ein deutscher Pädagoge oder Soziologe von „literacy deficits“ sprechen, wenn er im Interview gefragt wird, welches die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder der lower classes sein werden? Das erinnert doch stark an jene important doers aus den Management-Etagen, die nur noch Kauderwelsch beherrschen. Oder habe ich da mal wieder das big picture nicht kapiert? Ist gar der purpose an mir vorbeigegangen? Auf jeden Fall aber wohl der time ghost!

Ich könnte übrigens zu all den falsch importierten englischen Ausdrücken, ich erinnere nur an „public viewing“ = öffentliche Leichenaufbarung oder „home office“ = Innenministerium, noch ein paar kreative before hits beitragen. Die Engländer und Amerikaner ermessen schließlich noch gar nicht zur Gänze, welches Potential in ihrer Sprache steckt. Die halten zum Beispiel einen sales slip für einen Kassenzettel, wo es doch eindeutig ein eleganter Ausdruck für eine kostengünstig im Ausverkauf erworbene Unterhose ist. Oder sehen Sie das anders?

Soweit ich weiß gibt es auch noch gar keinen griffigen, formschönfalschen englischen Ausdruck für das zugegebenermaßen hässliche deutsche Wort „Entschleunigung“. Da hätte ich einen Vorschlag, der sich nahtlos einpasst in die Riege von Handy und Konsorten. Was halten Sie von „go slow“? Go slow, da schmeckt man quasi die Entspannung schon, so geschmeidig gleitet das über die Zunge, während man bei Entschleunigung doch schier einen Knoten in dieselbe knüpft.

Eine Lektion in go slow können sich alle Interessierten übrigens bei der Konstanzer Polizei abholen. Hier ist folgendes passiert: Über Wochen und Monate wurden aus Hauseingängen dort abgelegte Pakete gestohlen. Zwei miteinander befreundete Frauen kamen durch ihre Beobachtungsgabe und Pfiffigkeit dem Dieb auf die Spur: Es handelte sich um den Zusteller eines konkurrierenden Lieferdienstes. Sie legten sich äußerst gekonnt so lange auf die Lauer, bis sie sich sicher waren, dass ihr anfänglicher Verdacht sich bestätigt hatte. Damit gingen sie zur Polizei, die, so stand es im „Südkurier“ „bestätigte, dass sie ebenfalls diesen Boten im Visier habe“. Unter uns, ich halte das in Anbetracht des Fortgangs der Geschichte, für eine reine Schutzbehauptung, aber beweisen kann ich diesen Verdacht natürlich nicht.

Die beiden Freundinnen überlegen sich ein trickreiches Vorgehen, mit dem sie den Dieb auf frischer Tat ertappen können und opfern dafür jede Menge Zeit. Was dann folgt, spottet in meinen Augen jeder Beschreibung. Die Frauen haben alles perfekt vorbereitet und so gut eingerichtet, dass die Polizei eigentlich nur noch die Handschellen zuschnappen lassen muss. Sie rufen die schon am Nachmittag vorher informierte Polizei an, dass es jetzt soweit sei. Und nun wieder Originalton „Südkurier“: „Die kommt dreißig Minuten später an…“ Für alle Ortsunkundigen muss ich das vielleicht näher erläutern: Wenn man vom Konstanzer Polizeipräsidium aus losfährt und dreißig Minuten unterwegs ist, dann ist man schon beinahe in Rottweil…

Ich weiß nicht genau, was die Polzisten gemacht haben, um dreißig Minuten zu brauchen, vielleicht sind sie ja zu Fuß gegangen, aber ich finde, es verdient auf jeden Fall eine Würdigung als entschleunigtes Vorgehen. 

Allerdings haben sie auch Übung. Ungefähr zwei Wochen vorher konnte man in der hiesigen Presse lesen, dass ein cleverer Senior zum Schein auf einen falschen Polizisten eingegangen ist, der den bekannten Trick anwandte, dem Mann zu erzählen, er solle alle seine Wertsachen und sein Bargeld aus Sicherheitsgründen vor der Tür deponieren, damit es von der Polizei zum Schutz vor Dieben in Gewahrsam genommen werden könne. Der alte Herr verständigte die echte Polizei, teilte mit, wann der Betrüger kommen wollte, präparierte sehr geschickt eine Tasche und legte sie vor die Tür. Der Bösewicht kam auch pünktlich, in diesen harten Zeiten muss auf den Kriminellen Verlass sein – Dienst am Kunden, Sie verstehen schon. Nicht so schnell waren jedoch die Polizisten, die kamen zu spät.

Da kann doch jeder gehetzte Mensch, der sich tagaus, tagein im Hamsterrad abstrampelt, echt was lernen. Dieses Vorgehen verdient unbedingt die Bezeichnung go slow, oder?

Um Sie nun auch nicht im Ungewissen zu lassen, was es mit diesem schönen neudeutschen Begriff auf sich hat: „go slow“ bedeutet Bummelstreik und vielleicht ist die Polizei ja auch in diesem. Das wiederum könnte man ihnen wahrscheinlich nicht verübeln, denn ich fürchte, sie werden, wie alle, die der Gesellschaft echt nützliche Dienste erweisen, sehr schlecht bezahlt. Den diebischen Paketzusteller haben sie übrigens doch noch erwischt, wie es mit dem Trickbetrüger ausgegangen ist, weiß ich nicht mehr. Und wissen Sie was: It is me so what from sausage!

Bild von John Hain auf Pixabay 
6 Kommentare
  • Oh verflixt, jetzt hat mit die Autokorrektur-Funktion des Computers wieder einen Streich gespielt! Natürlich muss es im Text „hat string“ heißen und nicht „head string“. I beg your pardon!

  • Anregung für ein weiteres „Unwort“:
    „Narrativ“.

  • Brigitte Wächtler März 12, 2021 um 5:43 pm

    Heute Morgen wollte ich bei Depot eine Rolle Geschenkpapier kaufen, als ich dort ankam fiel mir ein: ach ja, „Click and Meet“.
    Hab‘s aufgegeben. Das Geschenk wird hübsch in Zeitungspapier eingepackt.

    • Ist ja auch viel besser für die Umwelt! Click and meet ist auch so ein dämlicher Neuzugang, aber man geht ja eh nicht mehr einkaufen, sondern nur noch shoppen…

  • Mich beschützt hier Gottseidank „The Swiss Border Guard“-
    leider nicht vor unsinnigen Anglizismen.
    Wunderbar Dein Text, liebe Renate.